Larger than Life

Taxidermie …

…ist laut Wikipedia eine Kunst der Haltbarmachung von Tierkörpern zu Studien-, Lehr- oder Dekorationszwecken. Warum aber nur Tiere – und nicht auch Bücher? Oder sogar Worte?

Wie schon berichtet, ist mein Lieblingsort auf der Leipziger Buchmesse die Ausstellung „Schönste Bücher aus aller Welt“. Nichts erfreut mein Grafikerherz mehr als das Blättern in den Katalogen, Taschenbüchern, Lexika und Gedicht- oder Essaybänden. Natürlich gibt es viel vom Gleichen. Die Kriterien, nach denen die Prämierung erfolgt, sind veraltet und oft schwer nachvollziehbar: Der klassische Satzspiegel ist nicht unbedingt förderlich für den Lesegenuss, wenn sich das Buch nicht wirklich aufschlagen lässt (ohne den Rücken zu brechen) und sehr dünne Schriften kommen einfach nicht so gut auf gestrichenem Papier, weil der gesamte Produktionsprozess mittlerweile digitalisiert und der von Grafikern gefürchtete, für die Lesbarkeit aber eher förderliche „Druckzuwachs“ praktisch nicht mehr vorhanden ist.

Trotzdem begegnen mir immer wieder herausragende Objekte der Begierde, die ich am liebsten heimlich in die Tasche stecken würde – denn meist kann man die interessantesten Ausgaben nicht einfach über den Buchhändler um die Ecke bestellen oder bei Amazon kaufen. Wer weiß, ob mich dieses Meisterwerk dann immer noch so begeistert, wenn ich es nach Wochen endlich in Händen halte … So wie Taxidermy for Language-Animals von Tine Melzer.

Die Künstlerin, die sich schon seit längerem mit Sprachspielen für Künstler beschäftigt, hat ein auf Zeitungspapier gedrucktes, umfangreiches Kompendium mit Texten und Bildern zusammengestellt, in dem sprachliche Begriffe und Gewohnheiten analysiert und unter Zuhilfenahme von Philosophie, Literatur und Kunst in einen neuen Kontext gestellt werden:

This book includes examples of ordinary language trapped in images. Games we play with language and games language plays with us are introduced. Like language itself, language-games are based on perception, habit and memory and are played in collaboration with others.

Das Buch erschien bei Rollo Press, einem Schweizer Verlag, auf dessen Website man in einigen schön anzusehenden Büchern blättern kann. Eines der Bücher Intrus Sympathiques – Bernard Chadebec hat eine Bronzemedaille beim Internationalen Wettbewerb erhalten. Chadebec war Angestellter des Nationalen Instituts für Forschung und Sicherheit und hat vierzig Jahre lang Warnplakate zur Prävention von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten entworfen.

Aber eigentlich wollte ich diesen Beitrag über die Schönsten Bücher ja nur nutzen, um eines meiner absoluten Lieblingswerke zu erwähnen: den Beschissatlas von Yvonne Kuschel und Ute Scheub, ausgezeichnet als eines der schönsten Bücher 2012. Einfach bestellen und studieren. Zusätzlich zu den wunderbaren Illustrationen gibt es jede Menge Informationen über Ungerechtigkeiten in Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt. Leider ist dieses Meisterwerk nur mehr gebraucht erhältlich, ebenso wie eines meiner Lieblings-Bilderbücher: Lilli, machst du Quatsch? Auf jeden Fall noch erhältlich ist Busenwunder. Und bei dieser Gelegenheit sei noch auf Beck hingewiesen, nein, nicht der Musiker, sondern der beste deutsche Cartoonist, wenn es um Wirtschaft und Politik geht – bleibt ja in der Familie …